Dramfelder
Fliegende Blätter
Beiträge zur Ortsgeschichte
No. 1
Vom Vösseball zum Füchseball.
Die Zeiten, in denen rothaarige Kinder und Erwachsene ihrer Haarfarbe wegen gehänselt wurden, sind glücklicherweise vorbei. Doch erinnert sich wohl der eine oder die andere noch daran, dass rote Haare – wie auch eine Brille – seinerzeit einen Makel darstellten, unter dem sie heftig gelitten haben.
Im Winter 1980 erzählte Hermann Winter – einst ein rothaariger junger Mann –
bei einem adventlichen Seniorenkaffee, dass man vor Jahrzehnten zu Lichtmeß
(2. Februar) in Dramfeld abends durchs Dorf gezogen sei, um den Rothaarigen, den „Füchsen“, von denen es etliche gegeben habe, ein Ständchen zu bringen.
Die Musiker hatte man im Dorf; sie gehörten dem örtlichen Mandolinen Klub
„Gut Klang“ an. Gemeinsam sei man dann an den Dramberg gezogen,
den Fuchslöcher Weg hoch, wo auf halber Höhe immer viele Fuchsbaue gewesen seien, und habe dort ein „Semmel oder Wurstschnappen“ veranstaltet.
Anschließend wurde in der Warneckschen oder in der Dieckmannschen Gastwirtschaft gefeiert.
Für die Beteiligung des Dramfelder Mandolinen Klubs am Füchseball gibt es sogar einen schriftlichen Beleg. Im Protokollbuch des Vereins wurde unter dem Datum des 31. März 1932 eingetragen, dass drei Mitglieder satzungsgemäß dafür bestraft wurden, dass sie „mit weniger als fünf Personen“ „auf öffentlichen Straßen“, nämlich beim Füchseball, Musik gemacht hatten. Die Strafe wurde auf der nächsten Versammlung erlassen.
Im Anschluss an den oben erwähnten Adventskaffee beschlossen die Mitglieder des SPD-Ortsbezirks Dramfeld, den „Füchseball“ wieder aufleben zu lassen und veranstalteten ihn daraufhin am 2. Februar 1981 nach 51 Jahren Pause aufs Neue.
Eine Gruppe von Dramfelder Einwohnern und drei Blasmusiker, die vom „Oberfuchs“ Tischlermeister Robert Schmidt mit der Teufelsgeige begleitet wurden, trafen sich oben im Dorf an der Gastwirtschaft Dieckmann. Dann zog man die Hauptstraße hinunter, von „Fuchsloch“ zu „Fuchsloch“, um alle Füchse aus ihren Bauen zu locken.
Bis heute hat sich am Ablauf des Füchseballes nichts geändert. Von jedem Haushalt mit einem Fuchs werden die Musiker freundlich begrüßt und mit einem „Kurzen“ bewirtet. Der Fuchs bekommt vor der Haustür ein Ständchen: „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“. Auf dem Weg durchs Dorf schließen sich immer mehr Einwohner dem Zug an; bei den letzten Füchsen steht dann schon eine richtige Volksversammlung vor der Tür – auch wenn es ein bitter kalter Februarabend ist. Sobald der letzte Fuchs abgeholt worden ist, zieht der Zug, der inzwischen an die 50 Menschen zählt, unter den Birken hoch zum Ehrenmal und am nördlichen Fuß des Dramberges entlang auf den Sportplatz zu. Unterwegs wird am Fuchslöcher Weg Halt gemacht und das bereits erwähnte „Semmel oder Wurstschnappen“ durchgeführt. Weiter geht es zum Sporthaus, vor dem die Mitglieder des veranstaltenden Vereins bereits ein ansehnliches Feuer entzündet haben. Die Töpfe mit Glühwein dampfen und der Bratwurstduft zieht in Wolken vom Grill. Die Musik spielt, die Teufelsgeige scheppert, manche Leute tanzen, wenn sie Platz finden, um sich aufzuwärmen. Andere stehen ums Feuer oder um den Grill herum.
Mitten in der Woche hat man in Dramfeld, das heute keine Gastwirtschaft mehr hat, eine Gelegenheit, mit dem Nachbarn die Tagesereignisse zu besprechen oder ein tiefsinniges Gespräch zu führen.
Doch der Füchseball ist ein vergleichsweise kurzes Fest. Da die meisten Erwachsenen am folgenden Tag wieder arbeiten und die Kinder in die Schule gehen müssen, gehen die meisten auch rechtzeitig nach Hause. Der nächste Füchseball wird im übernächsten Jahr stattfinden; dann wird ein anderer Verein ihn veranstalten.
Anmerkung: Der 2. Februar, der 40. Tag nach Weihnachten, wurde ursprünglich als Gedenktag ‚Mariä Reinigung’ gefeiert; danach bis 1969 als Gedenktag ‚Mariä Lichtmeß’, an dem die Kerzen für die Kirche geweiht wurden; zur Zeit wird der Gedenktag als Tag der ‚Darstellung des Herrn’ begangen (Erhard Gorys: Lexikon der Heiligen. München 1997).
Dr. Dagmar Kleineke, Ortsheimatpflegerin.
Dramfeld, im Januar 2015.
Der vorstehende Text ist die überarbeitete Fassung des ‚Fliegenden Blattes No. 1’
Aus dem Text darf nur mit Angabe der Quelle zitiert werden.