Die Bewohner
Dramfeld, Kreis Göttingen, Post Obernjesa; 80 steuerpflichtige Einwohner, davon
sechs, die Gewerbesteuer zahlten (1 Gutsbesitzer, 2 Müller, 2 Gastwirte, 1 Schmied).
Das war Dramfeld vor 100 Jahren. Heute hat das Dorf 533 Einwohner, davon sind
272 Männer und 261 Frauen: Dramfeld wartet mit einem Männerüberschuss auf. An
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die im Erwerbsleben stehen, zählt man
420 Personen; dem stehen 111 Personen gegenüber, die 60 Jahre und älter sind.
Die Gruppe derjenigen, die zu den Steuerzahlern gehören könnten (22 bis 59 Jahre
alt), umfasst 281 Personen. An gewerblichen und landwirtschaftlichen Unternehmen
finden sich ein Baustoffhandel und zwei Baugeschäfte, ein Getränkemarkt, zwei
Vollerwerbslandwirte und ein "Biobauer". Nach Angaben der Verwaltung enthält die
Statistik der Gemeinde Rosdorf von 2003 für Dramfeld 20 angemeldete Gewerbe,
von denen immerhin fünf Gewerbesteuerzahler sind.
"Die Bären"
Das Dramfelder Wappen, das 1950 verliehen wurde, zeigt auf goldenem Grund einen
schwarzen aufrecht auf rotem Boden stehenden Bären. Das Wappentier erinnert an
die "Dramfelder Bärenjagd", ein Ereignis, das der Volksmund in die Zeit der
Reichsgründung 1870/71 gelegt hat. Man erzählt, dass an einem kalten Wintertag
jener Jahre ein Bauer aus Bördel mit seinem großen schwarzen Hund nach Dramfeld
gekommen sei. Der Bauer ging seinen Geschäften nach, während sich der Hund die
Zeit in der Feldmark vertrieb. Ein besonders ängstlicher Dorfbewohner bemerkte das
große Tier, konnte es nicht genau erkennen und alarmierte seine Nachbarn, die mit
Dreschflegeln und Gräpen ausrückten, um das Ungeheuer zu erlegen. Als der Bauer
nach erledigten Geschäften wieder nach Hause gehen wollte und nach seinem Hund
pfiff, klärte sich das Missverständnis auf und die Dramfelder standen blamiert da.
Seitdem heißen sie "die Bären", und Dramfeld ist als "Bärendorf" bekannt.
Vom Dorf zum "Mischgebiet"
Bis nach dem 2. Weltkrieg sind für Dramfeld immer wenige große und eine ganze
Reihe kleinerer und kleinster landwirtschaftlicher Betriebe charakteristisch gewesen.
Das lag daran, dass der überwiegende Teil der Feldmark einst dem Kloster
Mariengarten gehört hat, das die Flächen in der Dramfelder Feldmark an vier
Dramfelder Bauern verpachtete, die diese Flächen dann gegen Ende des 19.
Jahrhunderts als Eigentum erwerben konnten.
Die Feldmarksgrenzen haben sich im Laufe der Jahrhunderte nicht wesentlich
verändert. Insbesondere die Grenze zu Klein Schneen, die auf dem Kamm des
Dramberges verläuft, scheint schon relativ alt zu sein. Nur hält sich hartnäckig die
Legende, dass einst der gesamte Dramberg nach Dramfeld gehörte, die südliche
Hälfte aber irgendwann einmal gegen ein Fässchen Schnaps an die Klein Schneer
abgetreten worden sei. Solange die Landwirtschaft noch nicht mechanisiert war und
eine beträchtliche Anzahl an Arbeitskräften brauchte, arbeiteten viele Dramfelder als
Tagelöhner bei den Bauern; auch die Frauen der Handwerker gingen in Tagelohn.
Die Maurer wären im Winter als Hausschlachter unterwegs. Da das Bargeld in der
Vergangenheit immer knapp war, ist auch die Bautätigkeit in Dramfeld bis in die 60er
Jahre des 20. Jahrhunderts gering gewesen. In den 20er Jahren wurde lediglich ein
Haus im Augerweg gebaut, in den 30er Jahren folgten zwei Häuser an der
Hauptstraße und eines im Augerweg. In den 60er Jahren kauften viele Bewohner der
Tagelöhnerhäuser entlang der Hauptstraße und in der Mühlenstraße diese Häuser
und begannen, sie von Grund auf zu sanieren. Schließlich wurde in den 60er Jahren
Bauland entlang des Augerweges abgegeben, und eine Reihe von Dramfeldern
baute neu.
Die Siedlung "In der Bleiche" folgte in den 70er Jahren und zog auch schon
auswärtige Interessenten an. Schließlich folgte in den 90er Jahren das
Bebauungsgebiet "Holland", in dem auch noch einige Dramfelder Grundstücke
erwarben und bauen; die Mehrzahl der Bauherren kommt jedoch von außerhalb. Im
Altdorf wohnt man entweder im "Oberdorf" (westlicher Teil der Hauptstraße) oder im
"Unterdorf" (östlicher Bereich der Hauptstraße). Auch die "Hundegasse" und das
"süße Loch" zählen zum Unterdorf; die "vom Berge" und vom "Holland" gehören
dagegen schon wieder zum "Oberdorf". Obwohl in Dramfeld die Entwicklung ähnlich
wie in anderen Dörfern verläuft und die meisten Einwohner hier wohnen aber
auswärts arbeiten, zählt Dramfeld nicht zu den Orten, die Anspruch auf besonderen
Schutz vor den unberechenbaren Folgen des Autobahnverkehrs oder großräumiger
gewerblicher Entwicklung hätten. Mit einem Fuhrunternehmen (das seit einigen
Jahren nicht mehr am Ort besteht), einem Baustoffhandel und einem Getränkemarkt
sowie zwei landwirtschaftlichen Betrieben gehört der Ort in die moderne Klasse der
"Mischgebiete". Aus den derzeit geltenden Raumordnungs- und
Flächennutzungskriterien lässt sich herauslesen, dass Bewohner von
"Mischgebieten" an Krach, Gestank und sonstige Belästigungen gewöhnt sind, so
dass man ihnen ruhig noch etwas mehr davon zumuten kann.
Wir haben auch Landschaft...
Die relativ rücksichtslosen Planungskriterien sind umso gefährlicher als Dramfeld
landschaftlich sehr schön liegt. Das einstige Straßendorf zieht sich an der Dramme
entlang, mit dem Dramberg im Süden, der eine bemerkenswerte Flora aufweist, und
dem Hesseberg im Norden, auf dem vor einigen Jahren ein Wald angepflanzt worden
ist. Es ist geplant, unterhalb dieses Wäldchens eine größere Fläche in eine
Streuobstwiese umzuwandeln. Im Osten finden sich der Jägerberg und die
Ackerflächen mit den guten Böden entlang der Dramme. Im Westen, jenseits der
A38, liegt das ehemalige Zisterzienserkloster Mariengarten, das heute zum Bestand
des Hannoverschen Klosterfonds gehört, und dessen Ackerflächen von einem
Pächter bewirtschaftet werden.
Die Hauptstraße - und der Tribut an die moderne Zeit
Das Bild der Ortschaft Dramfeld wurde von jeher von der Hauptstraße bestimmt. Bis
auf wenige Ausnahmen stehen die Häuser in Nord-Süd-Richtung, mit dem Giebel zur
Straße. Vor dem Ausbau der Straße im Jahr 1985 gab es keine Fußwege; die
Gossen verliefen unmittelbar unterhalb hoher Mauern aus mit Moos bewachsenen
und vom Alter geschwärzten, behauenen Sandsteinblöcken, so dass die Straße in
manchen Bereichen einen schluchtartigen Eindruck hinterließ - ein Eindruck, der in
Verbindung mit der gewölbten Fahrbahndecke seinerzeit so manchen Autofahrer von
der Fahrt durch Dramfeld zur Autobahn abgehalten hat. Im Zuge des Ausbaues
folgte man der Mode und den Ansprüchen der 80er Jahre, "böschte" die
hochgelegenen Vorgärten "ab", baute die Mauern niedriger und ersetzte die
gediegenen Sandsteinblöcke durch kleinformatige Verblender.
Strom und Wasser haben wir, aber ...
Die gute Anbindung ans Verkehrsnetz der Autobahn ist mittlerweile fast der einzige
"Vorzug", den Dramfeld bieten kann. Die beiden Gastwirtschaften wurden 1980 und
1989, der Laden 1984 geschlossen; die Kühlhausgemeinschaft 1985 aufgelöst; die
Poststelle fiel im Jahr 1998 den Rationalisierungsmaßnahmen zum Opfer, die
öffentliche Telefonzelle wurde 2001 sang- und klanglos abgebaut. Eine Anbindung
an ein Ferngasversorgungsnetz wurde in den 70er und 80er Jahren wegen der
hohen Anschlusskosten von den Einwohnern abgelehnt. Immerhin haben wir noch
einen Briefkasten; außerdem eine Kirche und die Grundschule Rosdorf-Süd mit der
großen Turnhalle (vgl. Beitrag Gerda Gleitze zur Schule). Nicht vergessen sei das
Dorfgemeinschaftshaus, das 1983 in der früheren Gastwirtschaft Rode eingerichtet
wurde und die Vereinsräume des TSV, der Feuerwehr, der Schützengemeinschaft
und der Kirche.
Die Vereine
Wer Sport treiben will oder Geselligkeit schätzt, ist Mitglied im Turn- und Sportverein
(TSV), in der Schützengemeinschaft oder im Männergesangverein Dramfeld (MGV).
Jüngere Einwohner sind im Junggesellenverein (JGV) organisiert, meist ältere haben
sich in der Kyffhäusergemeinschaft zusammengefunden. Die Mitgliedschaft in der
Feuerwehr ist mehr oder weniger selbstverständlich. Gesellig geht es auch im
"Swiene Klupp" und bei den "Dramme Mädels" zu; das "Clübchen", ein
heimatkundlicher Arbeitskreis von sieben Frauen, ist nicht vereinsmäßig organisiert.
Die Realverbände
Für einen Außenstehenden fast unsichtbar, für die Mitglieder und für das öffentliche
Leben jedoch noch immer von beträchtlicher Bedeutung sind die beiden Dramfelder
Realverbände: die "Realgemeinde Dramfeld" und die "Feldmarksinteressentenschaft
Dramfeld". Die Mitglieder der "Realgemeinde" sind Besitzer sog. "Berechtigungen"
am Dramberg, d.h., sie besitzen Anteile an der Waldnutzung; die Mitglieder der
"Feldmarksinteressentenschaft" sind Eigentümer von Flächen in der Feldmark. Beide
Verbände sind genossenschaftlich organisiert und kümmern sich zum einen um eine
zeitgemäße Bewirtschaftung des Waldes auf dem Dramberg, andererseits um die
Unterhaltung des Wegenetzes und der Gräben in der Feldmark.
Wie alt ist Dramfeld?
Zum Schluss noch einige Überlegungen zum Alter des Dorfes. Eine Antwort auf
diese Frage lässt sich nur näherungsweise geben. Aus Funden bei den
regelmäßigen Feldbegehungen der Kreisarchäologie und aus Luftbildern lässt sich
ableiten, dass es sehr früh schon menschliche Siedlungen an verschiedenen Stellen
im Umkreis des Dorfes gegeben haben muss. Am Hesseberg, westlich der Straße
nach Sieboldshausen, fanden sich Keramikfragmente und dunkle
Bodenverfärbungen, die der steinzeitlichen Rössener Kultur (4900-4500 v. Chr.)
zugerechnet werden. Unter dem Zubringer (der neuen A 38) fand sich Keramikbruch
vom Ende der Steinzeit, dem sog. Jungneolithicum (2500 v. Chr. - 500 v. Chr.). Auf
den Grundstücken entlang der Dramme ist man immer wieder auf Keramikscherben
der vorrömischen und der römischen Kaiserzeit (800 v. Chr. - Chr. Geburt) gestoßen.
Das bedeutet, dass die frühesten menschlichen Spuren um Dramfeld aus der Zeit
stammen, in der der Mensch sesshaft geworden ist, gerodet und Häuser gebaut,
Getreide (Emmer und Einkorn) gesät und Vieh - aber keine Pferde! - gehalten hat.
Schriftliche Hinweise auf unser Dorf Dramfeld enthalten einige Dokumente des
Klosters Mariengarten, die mehr oder weniger zufällig erhalten geblieben sind. Die
frühesten Urkunden, in denen Dramfeld erwähnt wird, stammen aus der Zeit um
1250 und aus den Jahren 1255 und 1259. Stets handelt es sich um
Vermögensgeschäfte zugunsten des Klosters Mariengarten. Einmal wurde die
Dramfelder Kirche St. Nikolaus, die 1255 offensichtlich schon vorhanden war, dem
Kloster übertragen (d.h. die kirchliche Versorgung Dramfelds und die Einkünfte der
Kirche). Das andere Mal wurde beurkundet, dass dem Kloster Grundstücke in
Dramfeld überlassen werden. Aus der dritten Urkunde erfährt man, dass das Kloster
Mariengarten und der Pfarrer in Sieboldshausen Grundbesitz in Dramfeld gegen
Steuereinnahmen im Dorf Welderekeshusen (heute Mariengarten) tauschten. Auch
wenn man aufgrund der nur spärlich überlieferten Informationen nicht genau sagen
kann, wann und durch wen Dramfeld gegründet wurde, muss man davon ausgehen,
dass es erheblich älter als 750 Jahre ist.
(Quelle: Internetseite der gemeinde Rosdorf)